Was ist Wohlstand für mich? Eine Einstellung, Entscheidung, Gemeinschaft

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Ich geb’s zu: ich wär gern reich. Aber was gibt’s da schon zuzugeben? Ist Geld haben zu wollen sowas wie heimlich Kommunist zu sein oder keine Kinder zu mögen? Ein neuer Blick auf Wohlstand und eine Suche nach seinem Ursprung.

Wem es nur ums Geld geht, der hat bei vielen gleich ausgeschissen – warum gäbe es sonst die Redewendung „Dem geht’s nur ums Geld“? Und nicht von ungefähr nennt man manche Menschen unanständig reich. Was soll an Reichtum unanständig sein? Unanständig ist höchstens der Weg, wie ich zum Geld komme. Aber Geld hat einen schlechten Ruf, obwohl es bekanntlich die Welt regiert. Ist also Wohlstand: reich sein und das Schuldgefühl verdrängen?

Ich selbst habe mich viele Jahre gleichzeitig schuldig und arm gefühlt. Schuldig, weil ich davon träumte, reich, von all meinen Sorgen befreit im Gras zu liegen. Nichts mehr tun zu müssen, sondern alles, was ich mache, zu wollen. Aus freien Stücken. Ich dachte immer, ich müsse mich dafür rechtfertigen, warum ich nach Geld strebte. Denn ich habe Geld immer für etwas Schmutziges gehalten. Etwas, das man in großen Mengen hat und dabei verschwörerisch kichert.

„Geld ist schlecht“

Heute stelle ich mir vor, wie ich auf meinem Hof sitze, im Stall arbeite, zwischendurch ein paar E-Mails und abends einen Artikel schreibe. Es ist eine schöne Vorstellung, wohlhabend zu sein. Und trotzdem fühle ich mich (nach diesem Artikel nur noch ein bisschen) schlecht, wenn ich sage: Ich will es, das Geld. Her mit der Kohle. Ich habe jede Menge zu bieten, wofür andere bereit sind zu zahlen. Aber da ist noch dieser Satz, diese Überzeugung: Geld ist schlecht. Geld ist schuld an… irgendwas. An allem.

Wer wäre ich ohne diesen Gedanken?

Ohne diesen Gedanken würde mich nicht ausgegrenzt fühlen – ich hätte nicht das Gefühl, anderen, wohlhabenden Menschen als armer Wurm gegenüberzustehen (können Würmer stehen?). Ich hätte sofort das Gefühl, reich zu sein. Lustig! Ich wäre offen für Wohlstand, für Reichtum. Ich wäre nicht mehr im selbst gewählten, geldfreien Exil, in dem ich Gutes tue und mich beinahe schlecht fühle, wenn jemand mein Buch kauft. Was für ein Krampf in meinem Gehirn – was für ein Blödsinn!

Reiche Menschen sind…

Die Glaubenssätze sind mit dem Denken übers Geld nicht fertig. Was sind zum Beispiel reiche Menschen für dich? Zu beneiden? Egoistisch? Ungerecht? Ist Geld für dich ungerecht verteilt und die Reichen stopfen sich die Taschen voll? Vieles davon würde ich unterschreiben. Und vieles davon schreibe ich in diesen Tagen und Wochen auf und hinterfrage es.

Kein Wunder, dass ich seit Jahren von meinen materiellen Fortschritten träume und es immer wieder schaffe, bei Null zu landen. Oft sogar bei Minus. Ich habe ein richtig schlechtes Gewissen bei der Vorstellung, einen Haufen Geld anzunehmen. Warum?

Was sagt das über mich aus? Und wenn du ähnlich empfindest: Was sagt das über uns beide aus? Haben wir es nicht verdient, stink duftend reich zu sein?

“Stinkreich“ – Was Sprache über unser Bild vom Reichtum verrät

Wie fühlst du dich bei der Vorstellung, mit Reichtum überhäuft zu werden? Hast du das verdient, deiner Meinung nach? Bei mir geht das so weit, dass ich manchmal vor dem Spiegel stehe und mich frage: Sieht so ein erfolgreicher, reicher Unternehmer aus? Da bin ich mir nicht so sicher, quakt eine leise, garstige Stimme auf meiner rechten Schulter. 

Bin wohl noch nicht gut genug, um reich zu sein!

Für reiche Menschen ist Reichtum selbstverständlich

Wenn ich mit wohlhabenden, mit reichen Menschen spreche, wirken sie meistens auf mich, als wäre es das Normalste der Welt, reich zu sein. Geld ist kein Thema. Geld ist da. Und ich? Mir läuft der Sabber aus dem Mund, wenn ich dran denke, an ihrer Stelle zu stehen. 

Gleichzeitig denke ich nicht gut von ihnen. Ich habe dann eine abstrakte, graue Masse vorm inneren Auge; „die Reichen“. Vom mittelständischen Unternehmer über den Lotto-Gewinner bis Bill Gates reicht meine Vorstellung von Menschen mit Geld, und meine Urteile über sie sind nicht freundlich. Indem ich so über sie richte, mache ich zweierlei:

  • Ich schaffe mir lauter Gründe, warum es besser ist, von Miete zu Miete zu leben; weder arm noch reich, aber wenigstens nicht stinkend reich. Also: nicht so ein stinkender Egoist, der nur an sich denkt.
  • Ich definiere mich als das Omega, als das Gegenteil von reich – eben als nicht reich, als Dummkopf, der auf redliche Weise und mit gutem Gewissen arm bleibt; der nie zur Ruhe kommt, weil sein Leben unvollkommen ist. 

Daraus folgt wieder zweierlei:

  • Ich bleibe materiell und oft auch geistig arm – freue mich, wenn ich mir einen kleinen Wunsch erfüllen kann, träume vom Haus mit Hof am Wald und arbeite mich dabei auf.
  • Ich sehe meinen Reichtum nicht; den Reichtum, den ich schon habe. Ich komme nicht in den Genuss, mich reich zu fühlen. Und während ich mein Bankkonto anstarre als hätte es einen Giftstachel, den es mir jederzeit ins Herz rammen will, komme ich nicht in den Genuss der Erfahrung, dass auch eine große Summe auf dem Konto nicht bedeutet, mich reich zu fühlen.

Ich bin reich!

Wo bist du reich? Nimm dir fünf Minuten und schreibe drei Punkte auf, die dein Leben schon jetzt reich machen. Beispiele von mir:

  • Ich kann mir meine Zeit frei einteilen. Dafür habe ich jahrelang gekämpft und sehr viel gearbeitet. Diese Freiheit schätze ich nur selten wert und nehme sie als Selbstverständlichkeit.
  • Mein Leben ist so viel reicher als früher – als ich 20 000 Euro verdient habe, hatte ich ein ärmeres Leben als jetzt. Jetzt habe ich Goofy, meinen Hund. Wow! Ich habe über 20 000 Leser im Monat, die meine Texte lesen. Wow! Das war immer ein Traum von mir als Schüler – einmal Autor zu sein und von vielen Menschen gelesen zu werden. Ich habe völlig neue Interessen und Hobbys entwickelt – zum Beispiel meine kleine Werkstatt im Keller, in der ich mich als Tischler versuche. Danke!
  • Ich erlebe eine sehr spannende Zeit mit, in der sich – glaube ich – vieles auf der Welt ändert. Vielleicht zum Besseren für die meisten, wer weiß?

Wie es war, Wohlhabend und gleichzeitig arm zu sein

Ich war mal fast wohlhabend. Zumindest hätte ich über eine längere Zeit hinweg keinen einzigen Gedanken mehr an Geld verschwenden müssen. Ich hatte so viel, dass ich fast mit dem Taxi zum Einkaufen um die Ecke gefahren wäre (ich liebe Taxifahren). 

Und trotzdem habe ich mich nie so arm gefühlt, wie in dieser Zeit. In den ersten Monaten, als die ersten großen Ladungen Geld auf mein Konto flossen, hart erkämpft durch viele Nachtschichten im Büro, fühle es sich unglaublich gut an. Ich war wer. Besonders! Aber innerhalb weniger Wochen gewöhnte ich mich an die zusätzlichen Stellen auf meinem Konto. Reflexartig kam bei mir und meinen Arbeitskollegen die Frage auf: Wie können wir noch mehr davon bekommen? Und noch mehr! Wir gründeten neue Firmen, investierten aus heutiger Sicht in Schrott, den wir zu Gold machen wollten.

Ich war mehr getrieben als je zuvor. Schlief auf einer Matratze auf dem Boden, sah meine Wohnung nur zum Duschen und Schlafen. Dabei war der ganze Erfolg – da bin ich mir heute sicher – aus der Zeit kurz davor gekommen:

Rückblick: Reichtum beginnt im Kopf (und Herz) 

Ich war Mitte 20, wohnte in meiner ersten eigenen Wohnung, meditierte viel, arbeitete mich in meiner frischen Selbstständigkeit als Autor von Monatsmiete zu Monatsmiete. Ich saß mitten am Tag mit einer Tasse Espresso auf dem Gehsteig vor dem kleinen Eingangstor meiner Vermieter und war einfach ich selbst. Mir strahlte die Sonne aus dem Arsch. Ich wusste, dass es mir gut gehen würde, dass es mir an nichts fehlen würde. Ich war da angekommen, wo ich sein wollte, auf meinem Weg zu noch tolleren, noch größeren Zielen. Ich konnte gar nicht erfolglos sein mit dieser Energie, diesem Enthusiasmus, dieser Überzeugung, erfolgreich zu sein!

Ich machte meine Arbeit mit großer Freude. Ich war begeistert und probierte viel aus. Und kurz bevor mir das Geld ausging, kam ein neuer Auftrag um die Ecke. Ich hörte viel Musik, fuhr viel Fahrrad, machte Musik. Und dann flatterte mir ein Großauftrag in die Hände. Den Rest kennst du von weiter oben: Ich war bald infiziert vom „Ich-will-mehr-Geld-Virus“ – nichts sonst interessierte mich mehr, als das.

Wieder im Büro der Reich-sein-Wollenden angekommen: 

Mit den Jahren verblasste der Erfolg. Unsere Pläne gingen nicht auf und es ging steil bergab, weil wir so unzufrieden mit uns, mit unserer Firma, dem ausbleibenden finanziellen Erfolg waren. Allen voran ich. Ich hasste es, wie erfolglos ich war. War ich erfolglos? Aus heutiger Sicht: Nein! Aber aus damaliger Sicht war es vorn und hinten nicht genug, was ich mit meinen Geschäftspartnern erreicht hatte. 

Geld verdienen war zu einer Pflicht, zu einem mechanisch ablaufenden Übel und Hochgefühl zugleich geworden. Jeder Euro machte kurz zufrieden und dann ging es um den nächsten Euro. Noch ein Euro. Noch einer. Noch ein paar Tausend.

Mit Mühe und Not rettete ich mich aus größeren Tiefs und sogar Schulden, um mich 2016 ausgebrannt bei meiner Mutter wiederzufinden. Die Wohnung hatte ich zur Sicherheit gekündigt, das Auto verkauft. Und in mir war jeder Funke von Ziel und Vision erloschen. 

Das war gut und schlecht zugleich. Ich konnte nicht mehr weiter machen als Bettler hinterm Schreibtisch, der nach dem großen finanziellen Wurf suchte.

Ich sehe erst heute, dass mir schlicht das fehlte, was ich wenige Jahre zuvor noch wie selbstverständlich hatte – mit meiner Espresso-Tasse in der Hand, auf dem Gehsteig sitzend. Ich tat nicht mehr, was ich liebte und liebte mich nicht mehr. Ich war nicht mehr reich – ich fühlte mich nicht mehr reich.

Zurück zum Guten Leben!

Es kostete mich einige Kraft und Zeit, mich (mit Unterstützung meiner Freunde und Geschäftspartner) aus einer Situation herauszuwinden, in der ich gefangen in Aufgaben war, die mir nichts bedeuteten; die ich wie ein Roboter einfach abarbeitete. Zum Glück hatte ich das immer beibehalten: mich beruflich mit Freunden zu umgeben, die sich gegenseitig halfen.

Trotzdem: Ich sah mich weit entfernt von Wohlstand, sondern mein eigener Angestellter, mein eigener Sklave war ich geworden. Ich wühlte mich aus meiner selbst geschaffenen Hölle, im Job und privat, körperlich und psychisch. Langsam aber sicher wurde ich wieder kreativ. Fing wieder damit an, was ich liebe: Dinge, Namen, Ideen erschaffen, groß denken, etwas aufbauen. 

Das tat ich nicht nur in unserer kleinen Firma, sondern auch zuhause. Ich fing an, Dinge aus Holz zu bauen. Ein Vogelhaus. Dann eine Seifenschale. Einen Couch-Tisch. Ein Bett. Und als Nächstes werde ich unter anderem einen kleinen Stall bauen, auf unserem kleinen Hof, den ich zusammen mit Freunden in ein Mehrgenerationenhaus verwandeln werde. Vielleicht wird daraus ja mehr, ein kleines Netzwerk? Das Ziel: Jung und Alt leben in Symbiose zusammen, den Kindern und den Alten soll es gut gehen. Und auch den Tieren.

Das „Wir“, von dem immer alle im Fernsehen sprechen, soll hier Programm sein. Wir arbeiten nicht zusammen gegeneinander – wir arbeiten zusammen. Wir warten nicht drauf, dass jemand anders unser Leben schön macht – wir sorgen selbst dafür. Ohne Konkurrenz, sondern mit sozialer Intelligenz.

Okay, zugegeben, dafür fehlt es aktuell noch am Hof, an etwas Kleingeld für die Renovierung und an ein paar Mitstreitern. Aber der erste Schritt ist gemacht: der Traum, die Vorstellung ist da. Und ich fühle mich wieder reich. Das ist eine gute Voraussetzung.

Ich möchte mein Leben genießen – und ich möchte dasselbe für dich

Ich träume von einer Welt, in der es keinem von uns mehr an etwas fehlt.

Was bedeutet es mir, Geld zu haben? Ich will nicht angeben. Ich will mich nicht über andere stellen. Ich will niemand besonderes sein. Ich will mit meinem unendlich vielen Geld Gutes tun. Ich will damit Großes vollbringen und etwas hinterlassen, das möglichst vielen Menschen eine möglichst schöne Zeit auf diesem Planeten ermöglicht. Dafür braucht es, glaube ich: Wissen, Hilfe zur Selbsthilfe, Inspiration.

Unser Hof-Projekt könnte ein Beispiel dafür sein, wie Zusammenleben wieder zu mehr als einer rein funktionalen Sache wird. Ich möchte meine Eltern nicht ins Altenheim bringen und will auch selbst dort nicht landen. Und sollte ich noch einmal Kinder bekommen, ziehe ich sie gerne selbst auf, anstatt sie in eine Tagesstätte zu bringen. Ich unterrichte sie, so lang wie möglich, gerne selbst, anstatt sie in der Schule in die erste Situation harter, zahlengetriebener Konkurrenz zu entlassen. 

Echter Wohlstand ist nur in Gemeinschaft zu haben

Ich glaube daran, dass eine Gemeinschaft dafür sorgen kann, dass jeder einzelne mehr vom Leben hat. Nicht nur mehr Gehalt, sondern mehr vom Leben; frei verfügbare Zeit, in der ich von den Früchten meiner Arbeit lebe.

In unserer Welt gehört Geld zu diesem Ziel, und ich akzeptiere es. Ich lege meine negativen Glaubenssätze über Geld ab, weil ich glaube, dass Geld nicht nur eine Währung ist, die einzig und allein dazu da ist, vermehrt zu werden. Ich ganz persönlich kann damit Gutes bewirken, und während andere ihr Geld in Rüstung investieren, gebe ich es dem, der meinem Weg kreuzt und mit dem ich etwas aufbaue.

Eine Gemeinschaft, vielleicht ja irgendwann eine Gesellschaft, in der Reichtum normal ist. Wo Menschen – jeder für sich und miteinander – das über Jahrtausende in unseren Genen akkumulierte Leiden lindern. 

Wo Leute das machen, was sie lieben, und Zeit dafür haben, und das Leben so oft und so lang wie möglich genießen. 

Das Leben genießen – wozu sonst sollte das Leben da sein? Und was sonst sollte echter, wahrer Wohlstand sein?

Unterstützen wir uns auf dem Weg dorthin!

Was sind deine Schätze? Was willst und kannst du zu einer neuen Gemeinschaft, vielleicht einer neuen Gesellschaft beitragen? Schreibs in die Kommentare.

Arikel zum Thema: Warum ich keine Ziele brauche, um erfolgreich und glücklich zu leben

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