Leben und arbeiten mit Depressionen – mit diesen drei Dingen habe ich es geschafft

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Als ich ganz unten angelangt war, konnte ich nichts mehr mit Freude tun. Ich war nervös, ausgebrannt, depressiv, voller Angst. Vielleicht war es mein größtes Glück, dass ich mich dabei nicht einfach aus dem Leben zurückziehen konnte. Ich war und bin selbstständig – krankschreiben gibt’s nicht! Ich musste weiter arbeiten. Sonst hätte ich meinen Traum von der Selbstständigkeit wahrscheinlich aufgeben müssen. Drei Dinge halfen mir, mit Depression zu leben und zu arbeiten.

1. Erste Hilfe: Jede Menge Sport

Als mich mein Burn-out traf, war ich durchgehend nervös. Ich konnte nicht still sitzen und es fühlte sich an, als würde in mir etwas brennen. Ausbrennen. Und alles, was ich tun konnte, war rennen. Ich lief, zwei mal pro Tag, bis ich Blasen an den Füßen hatte und meine Waden so hart und verspannt waren, dass ich dachte, meine Beine platzen. Aber ich lief weiter. Eine Runde Morgens, eine Runde Abends. Und während dieser Runden durch den Park war ich wieder am Leben.

Schwitzen statt grübeln

Ich ließ die ganze aufgestaute Nervosität raus und die Glückshormone von Schwitzen und Laufen holten meinen Kopf für 30 Minuten über die Wasseroberfläche. Nach der Dusche tauchte ich langsam wieder ab. Aber die Lauferei half mir, nicht völlig durchzudrehen. Ich war niedergeschlagen, aber gleichzeitig merkte ich, dass ich sterben würde, wenn ich mich jetzt hängen ließ. Ich lief. Und ich hatte das Gefühl, vor meinem alten Leben wegzulaufen, in dem ich mir so unwichtig war. Ich war mir so egal gewesen, dass ich praktisch rund um die Uhr arbeitete und mich kaum um andere Bedürfnisse, meine Wohnung oder Freunde kümmerte.

Mit großen Schritten langsam besser fühlen

Ich taute beim Sport auf. Am Anfang kaum merkbar, aber mit der Zeit wurde mir immer mehr klar, dass der Sport eine Maßnahme zur Wiederbelebung war.

Ich tat wieder etwas mit meinem Körper; verließ meinen Kopf, meine Welt des Grübelns, wo nichts wirklich greifbar war – wo kein Platz für Ruhe und Rast war, nicht mal Nachts, wenn ich schlafen wollte.

Etwas Echtes machen!

Beim Joggen war ich irgendwann so aus der Puste, dass ich eine Pause machen musste. Beim Grübeln zuhause gab es keinen Stop, keine Pause. Der Sport war wieder etwas Konkretes, etwas Echtes! Etwas, das ich fühlen konnte. Hier sein und einen Schritt nach dem anderen machen, statt in der Vergangenheit oder Zukunft zu hängen.

Und ich gab mir mit dem Laufen etwas, das sich natürlich anfühlte: Schweiß in den Augen statt kaltem Angstschweiß auf der Stirn. Eine brennende Lunge statt schwindeligem Kopf voller Grübelgedanken.

2. Gesund werden: Mit unglaublich viel Selbstreflexion

Der ganze Sport war nur Erste Hilfe. Er half mir, für kurze Zeit wieder auf die Beine. Kaum war ich aber wieder fertig damit und zuhause, fiel ich wieder in mein Grübel-Loch. Meine Ängste waren mit gelaufen, hatten sich an meine Fersen geheftet und ich hatte sie nur kurz nicht gehört. Zurück in meinem Zimmer, krochen sie wieder hoch an mir und ließen mich verzweifeln. Da half nur, mich eingehend mit dem zu beschäftigen, das für meine Erschöpfung verantwortlich war. Verantwortlich für meine innere Kälte, dieses tote und zugleich panische Gefühl in mir: Mein Denken. Das, was mir beim Grübeln durch den Kopf ging. Ich schrieb und schrieb und stellte mir Fragen mit meiner Selbsthilfe-Technik The Work. Gedanken wie:

  • „Mit mir stimmt etwas nicht“
  • „Ich muss mehr arbeiten“
  • „Es ist zu viel für mich“
  • „Ich muss die Kontrolle haben“
  • „Ich kann mich an keinen Tag erinnern, wo es mir mal gut ging“

Wenn du Unterstützung dabei suchst, deine belastenden Gedanken herauszufinden und zu reflektieren, helfe ich dir gerne in einer Coaching-Sitzung.

3. Reha: Der eiserne Wille, glücklich zu sein (und zu bleiben)

Als ich ganz unten war, war ich es gewohnt, das Leben und all seine Momente als Mittel zum Zweck zu sehen. Ich wusste, was es mir brachte, einen Auftrag über 7000 Euro an Land zu ziehen. Aber ich hatte vergessen was es hieß, wirklich glücklich zu sein. Schlimmer: Ich sah den Zweck nicht darin – mir gingen Gedanken durch den Kopf wie:

  • „Was bringt es mir, glücklich zu sein?“
  • Und: „Es reicht nicht, glücklich zu sein“. 

Ich sah keinen Sinn in meinem Leben. Ich sah nicht mal einen Sinn darin, glücklich zu sein. Ich hatte meinen Willen verloren, glücklich zu sein. Aber die furchtbaren Gefühle in mir, die mich zum Joggen und zum Reflektieren zwangen (anstatt mich in eine weitere Psychotherapie zu setzen), brachten mich langsam wieder zurück ins Leben.

Und zurück zu meinem Willen: Glücklich zu sein. Hey, ich verspreche dir: Darum geht es! Es geht wirklich nur darum, glücklich zu sein. Alles andere, was wir tun und lassen, was wir uns vorstellen und vornehmen, dient am Ende nur diesem Ziel.

Und als mir klar wurde, dass ich glücklich sein will, sorgte ich auch wieder mehr dafür. In mir ist diese unbeschreibliche Schwere und diese Verbitterung über das Leben. Mein Wehklagen über das, was mir alles nicht gelingt und was ich nicht kann und was ich nicht habe. Das alles würde mich noch immer tief runter ziehen, wenn ich mir nicht angewöhnt hätte, mit eisernem Willen das Glücklichsein, das Wohlfühlen festzuhalten. Auch hier wieder: Erste Hilfe, solange ich die Schwere noch nicht vollständig mit Selbstreflexion aufgelöst habe.

Wie halte ich am Glück fest?

Lächeln und aufrecht stehen!

Natürlich mit Sport und Selbstreflexion. Aber auch mir einer sehr einfachen Übung:

 Immer, wenn ich daran denke, richte ich meinen Rücken gerade, nehme meine Schultern nach hinten und setze und stelle mich aufrecht hin. Wie ein Gewinner, wie jemand, der das Leben feiert. Und dazu setze ich ein breites Lächeln auf. 

Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich aufrecht angelehnt auf meiner Couch und Lächle. Nicht, weil ich gerade so heiter bin, sondern weil ich mich dazu entschlossen habe, glücklich zu sein. Und es gibt nichts Einfacheres, als diese körperliche Haltung und Mimik, um etwas nachzuhelfen. Denn – das hat auch die Wissenschaft inzwischen bemerkt – ein Lächeln (egal ob echt oder künstlich) setzt Glückshormone frei. Und die aufrechte Haltung tut etwas ähnliches. Im August sind es zwei Jahre, dass ich dieses „Gute-Laune-Korsett“ trage.

Lächeln und aufrechte Haltung als Medizin

Draußen im Bus oder beim Spazierengehen halten mich manche vielleicht für verrückt – aber ich gehe, stehe, sitze möglichst gerade und lächle – ununterbrochen. Am Anfang haben mir die Gesichtsmuskeln ganz schön weh getan – inzwischen kann ich lächeln, wann immer ich will.

 Und weißt du, was das Schöne ist? Am Anfang fühlte es sich unnatürlich an, ohne besonderen Grund zu lächeln. Inzwischen fühlt es sich unnatürlich an, nicht zu lächeln, sondern mit dieser versteinerten, kalten Mimik durch die Gegend zu laufen, wie wir es bei den meisten Menschen sehen. 

Video zum Thema: Warum auch ein künstliches Lächeln hilft

„Meine Arbeit überfordert mich – was kann ich jetzt tun?“

Du fühlst dich in der Arbeit überfordert? Vielleicht überfordern dich besonders deine Gedanken über die Arbeit und das, was du darin leisten musst? Das, was Kollegen über dich denken oder denken sollen?

Vielleicht überlegst du, zu kündigen. Vielleicht sehnst du dich nach einem neuen Job. Auch ich habe viel an meiner Arbeit verändert und an der Art, wie ich arbeite.

Aber die drei oben beschriebenen Rettungsanker waren die Voraussetzung dafür, dass ich mit meiner Erschöpfungsdepression überhaupt weiter leben und arbeiten konnte. Wenn du Unterstützung dabei suchst, deine belastenden Gedanken herauszufinden und zu reflektieren, helfe ich dir gerne in einer Coaching-Sitzung.

Bilder: Pixabay

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