Was tun, wenn mich andere unter Druck setzen?

Ich fahre auf der Autobahn, hinter mir holt ein Lkw immer weiter auf. Heute ist mir nicht nach mehr als 80 Stundenkilometern. Jetzt ist er ganz nah hinter mir, vielleicht trennen uns noch fünf Meter. Sein Fernlicht blendet auf. Und in mir krampft sich alles abwärts meines Kopfes zusammen. Ich will nicht schneller fahren. Und ich will nicht, dass er mich unter Druck setzt. Wie löse ich diese Situation auf?

Ich kann schneller fahren und fühle mich unwohl. Oder ich lasse mich weiter bedrängen – und fühle mich genauso schlecht. Ich habe aber noch eine dritte Möglichkeit: Ich komme wieder zu mir. Denn mein Blick wechselt zwischen Rückspiegel und Tacho hin und her, mich selbst übersehe ich.

Ich denke darüber nach, ob ich gefalle, ob ich alles richtig mache. Ich denke, dass ich für die anderen ein Hindernis und ein Ärgernis bin – nicht nur auf der Straße. Mich selbst vergesse ich dabei. Ich reagiere nur noch, anstatt mich zu spüren. Würde ich das tun, würde ich merken, dass es nicht an mir ist, dieses Problem zu lösen. Ich fahre so schnell ich kann, ich tu hier mein Bestes. Und ich setze mich nur selbst unter Druck, wenn ich mir vorstelle, dass der Lkw immer näher kommt, mich womöglich von der Straße drängt. Dass der Fahrer tobt, mich einen Idioten nennt. Dass ich notgedrungen schneller fahre und in Panik gerate. Wenn ich mein Leben nach den Vorstellungen anderer lebe.

Bei mir bleiben, mich spüren, den Druck rausnehmen

Wäre ich bei mir und würde meine Gefühle ernst nehmen, wahrnehmen, wüsste ich: schneller geht’s nicht. Ich bin bei mir, ich stehe mir bei. Ich werde meine Grenzen nicht übertreten. Dazu kann mich niemand zwingen, nur ich selbst missachte diese Grenzen, um anderen nicht zur Last zu fallen. Um sie nicht zu verärgern. Damit sie mich mögen, anerkennen, akzeptieren.

Und wozu das Ganze? Ich ernte Panikattacken, Stress und das Gefühl, dass man mich in der Welt herumschubsen kann. Ich merke gar nicht, dass ich mir das selbst antue. Ich merke gar nicht, dass ich eine Wahl habe: Den Druck von meinen Schultern zu nehmen, indem ich erkenne, dass ich keine andere Wahl habe, als mir treu zu bleiben; ob es nun die Geschwindigkeit auf der Straße ist, kleine und große Entscheidungen im Leben, der Abend allein zuhause oder draußen mit Freunden.

Und wenn die Situation unbedingt erfordert, dass ich reagiere? Dann tue ich es nicht mehr aus dem Gefühl heraus, es für den anderen tun zu müssen – weil er mir keine andere Wahl lässt. Ich tue es, weil ich sehe, dass die Situation es erfordert. Ohne diesen Druck tun sich bei mir oft Energien auf, die mir Kraft geben.

Mich fühlen heißt: Leichter Entscheidungen treffen

Ich weiß immer schon, was meine Entscheidung sein wird, wenn ich auf mein Gefühl höre. Und dieses Zuhören kann ich üben – ich verstehe dann immer besser, was für mich jetzt richtig ist. Und es ist keine schwere Wahl mehr.

1 Kommentar
  1. Marie
    Marie sagte:

    Hallo, diese kleine Geschichte ist toll, beschreibt gut die Gefühle, wenn man unter den Druck von anderen gerät. Problematisch finde ich, dass einen die anderen zuweilen sanktionieren, wenn man sie verärgert, ihre Erwartungen von „so verhält man sich“ (auf der Autobahn…etc.) nicht erfüllt. Übertragen gesehen, hiesse das, der LKW schiebt mich tatsächlich in den Graben, damit ich ihn nicht weiter „behindere“. Oder er und andere LKWs überholen mich ständig unter lautem hupen und fahren extra so nah an mir vorbei, dass mir ganz anders wird. Leider habe ich oft keine Nerven für eine solche Sanktion (…und ich meine jetzt nicht meine Autobahnfahrten… 😂). Dann kann ich persönlich nur noch „diese Strasse“ ganz verlassen wenn ich mich der Allgemein-Geschwindigkeit nicht anpassen kann oder möchte. Lg

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